Ottweiler im Bezirk Trier

Aktueller Beitrag vom 22.12.2010

Ottweiler, eine Kreisstadt an der Blies mit 5500 Einwohnern (stand 1895) in der Provinz Rheinland, 30 km nordöstlich von Saarbrücken gelegen, die dem Regierungsbezirk Trier angehörte.

 

In der Stadt waren einige große Firmen bzw. Fabriken vertreten, so gab es neben der Bierbrauerei, Tabak und Zigarrenfabriken, Firmen die Eisenwaren, Thon und Schamottewaren herstellten und vertrieben. Das berühmteste Produkt der Stadt allerdings ist das in der Ottweiler Manufaktur hergestellte Porzellan, das bis heute zu den seltensten der Welt zählt und in verschiedenen Museen ausgestellt ist.

Die Stadt hatte, bedingt auch durch die große Anzahl an Firmen, früh einen Anschluss an das Netz der Preussischen Staatsbahn. Der Haltepunkt der Strecke Bingerbrück - Neunkirchen wurde für Personen wie auch für Güterverkehr rege genutzt.

Postalisch war die Stadt ebenfalls sehr früh gut versorgt, so gab es bereits 1850 eine Postexpedition II. Klasse, der folgte im Jahre 1876 ein Postamt III. Klasse was bereits 1892 in ein Postamt II. Klasse gewandelt wurde.

 

Der KOS ist derzeit bekannt ab dem Jahre 1887 und die Verwendung ist nachgewiesen bis ins Jahr 1895 hinein, eine recht kurze Verwendung, zumindest ist bisher nichts späteres bekannt.

Postanweisung über 200 Mark von Merzig an die Manufakturwaarenhandlung Kausch in Ottweiler vom 31.3.1892

 

Für Postanweisungen im Inland über 100 Mark bis 200 Mark mussten 30 Pfennig an Gebühren entrichtet werden. Daher wurde die obige Postanweisungs Ganzsache mit Werteindruck 20 Pfennig mit 10 Pfennig auffrankiert.

 

Die Angabe der OPD (Oberpostdirektion) wie auch der Aufgabeort der Postanweisung wurde noch handschriftlich angebracht, erst im April 1893 wurden die bekannten Bezirkshandstempel eingeführt.

Sachsenhausen Mark

Aktueller Beitrag vom 28.11.2010

ein beschauliches kleines Dorf mit knapp 600 Einwohnern (stand 1895) in der Provinz Brandenburg, nördlich von Oranienburg, in einem Waldreichen Gebiet an der Havel gelegen. Sachsenhausen war das erste Spinnerdorf in der  Kurmark, so bezeichnet man das westliche Kerngebiet der Mark Brandenburg, und ab dem Jahre 1830 auch ein Schifferdorf. 

 

Bahnstation war das wenige km entfernte Oranienburg, dort lief im Jahre 1877 der erste fahrplanmäßige Zug der Nordbahn Berlin - Stralsund in den Bahnhof ein. Der Anschluss an das Berliner Eisenbahnnetz war damit hergestellt. Eine eigene Bahnstation mit Haltepunkt erhielt Sachsenhausen dann im Jahre 1905, da zählte das Dorf dann schon 1400 Einwohner. Die Entwicklung ging weiter, das Bahnhofsgebäude wurde 1913 errichtet und im Februar 1914 wurde der Grundstein für die Dorfkirche gelegt, die bereits im gleichen Jahr, im Dezember eingeweiht wurde.

Ansichtskarte Gruss aus Sachsenhausen mit Gasthof und Dorfstrasse

 

Sachsenhausen gehörte zum Landbestellbezirk des Postamtes I. Klasse in Oranienburg bis im Jahre 1885 das Dorf eine eigene Postagentur erhielt. Der KOS ist derzeit bekannt vom 5.3.1897 bis zum 2.11.1913. Mir ist kein Preussen oder Reichspost Stempel aus Sachsenhausen Mark bekannt, daher liegt die Vermutung nahe, das der KOS bereits 1885 mit der Eröffnung der Postagentur eingeführt wurde. Aber das ist nur eine Vermutung, wenn auch vieles dafür spricht.

      SACHSENHAUSEN (MARK) * * vom 27.8.1900

 

Der dunkle Teil der Dorfgeschichte hat zwar nichts mit KOS zu tun, sollte aber dennoch erwähnt werden.

 

Im Jahre 1936 wurde das Konzentrationslager Sachsenhausen erstellt. Durch die Nähe zu Berlin und damit auch zur Gestapozentrale hatte dieses Lager eine Sonderrolle im KZ-System. Es wurde ein großes SS-Kontingent im Lager stationiert das u.a. als Ausbildungslager für KZ-Kommandanten und SS Wachpersonal für alle Bereiche des NS-Regimes diente.

Ein Teil Geschichte auf den jeder verzichten könnte.................

Schafstedt in Holstein

Aktueller Beitrag vom 24.10.2010

Es kommt zwar recht selten vor, aber es passiert doch. Ein KOS taucht auf der mir bisher nicht bekannt war und dann gleich so sauber abgeschlagen auf Ganzsache.

 

Schafstedt ein Dorf mit knapp 1100 Einwohnern in der Provinz Schleswig-Holstein, im Kreis Süderdithmarschen gelegen, direkt am Nord-Ostsee-Kanal. Eine abwechslungsreiche Geestlandschaft, mit Wäldern, Weiden und Mooren umgibt den Ort.

 

Die eigene Postagentur, die von der OPD Kiel verwaltet wurde, ist im Jahre 1889 eröffnet worden.

 

Die Ortsbezeichnung Schafstedt, in der Bedeutung "Stätte der Schafe", könnte auf den wirtschaftlichen Wert hinweisen, den das Schaf bzw. die Schafhaltung für diesen Ort früher hatte. 

 

Eine andere, volkstümliche Deutung des Ortsnamens geht zurück auf "Skafa", bedeutungsgleich mit Schiff, und könnte sich auf die Verkehrsverbindung über die Holstenau, Wilsterau und Stör in die Elbe (vor dem Bau des Nord-Ostsee-Kanals) beziehen, auf der angeblich aus dem Schafstedter Raum Torf auf dem Wasserwege in die Hansestadt Hamburg gebracht wurde.

 

Der Wappen des Ortes zeigt neben der Dorfeiche (geschätzte 350 Jahre alt) und dem Wasserlauf auch 2 Schafe, so sind alle Deutungen vertreten.

Langengrassau im Bezirk Halle

Aktueller Beitrag vom 19.9.2010

die kleine Gemeinde mit ihren knapp 600 Einwohnern (stand 1895) im süden Brandenburgs gehörte dem Königreich Preussen an und war dem Kreis Schweinitz zugeordnet. 

 

Postalisch gehörte das Dorf zum Landbestellbezirk von Uckro, bis es im Jahre 1899 eine eigene Postagentur erhielt. Der KOS LANGENGRASSAU (BZ. HALLE) * * ist derzeit bekannt vom 7.1.1903 bis zum 18.8.1933, wobei davon auszugehen ist, das der Stempel ab dem Datum der Eröffnung der Postagentur an verwendet wurde.

 

Fernbrief II. Gewichtsstufe  von Langengrassau nach Herzberg vom 29.8.1923

Als Porto waren hierfür in der Portoperiode vom 24.8.1923 bis 31.8.1923 ganze 25.000 Mark zu entrichten. Dargestellt durch eine Mehrfachfrankatur von 25 Exemplaren der Freimarke zu 1.000 Mark.

 

Zum 30.9.1929 fand im Kreis Schweinitz, entsprechend der Entwicklung im übrigen Preussen, eine Gebietsreform statt, bei der alle bisher selbstständigen Gutsbezirke aufgelöst und benachbarten Landgemeinden zugeteilt wurden.

Drucksache am 18.8.1933 im Ortsverkehr von Langengrassau gelaufen, mit aptiertem KOS.

Dies hatte zur Folge das Langengrassau nicht mehr dem Bezirk Halle angehörte und ab diesem Zeitpunkt eine eigenständige Landgemeinde war.

 

Der Zusatz im Stempel (BZ. HALLE) wurde entfernt, die Klammern blieben.

 

Diese aptierung liegt mir ab dem Jahre 1930 vor, hier zeige ich die derzeit letzte bekannte Verwendung dieses Stempels.

Halle an der Saale Telegraphenamt

Aktueller Beitrag vom 21.8.2010

Halle an der Saale, eine Großstadt (Kreisstadt) im Königreich Preussen, welche der Provinz Sachsen angehörte und bereits im Jahre 1895 weit über 100.000 Einwohner hatte.

 

Die Stadt Halle hatte bis zum Jahre 1907 bereits  5 Zweigpostämter und 2 Postämter I. Klasse, die Hauptpost mit Telegraphenbetrieb in der Grossen Steinstrasse und ein weiteres am Bahnhof. 

In der Steinstrasse 72 wurde in der Zeit von 1892-1898 das neue Hauptpostgebäude, ein gründerzeitlicher Monumentalbau mit Sandstein, erstellt.

Aus Halle sind mir bis heute 2 KOS Telegraphenamtsstempel bekannt, einmal der obige TELEGRAPHEN - AMT * * der vom 23.5.1902 bis 1928 belegt ist.........

 

.......und der ab dem 3.11.1928 nachgewiesene KOS TELEGRAPHENAMT * a der mir bis zum 13.9.1934 bekannt ist.

 

Generell sind Telegraphenamtsstempel, obwohl eigentlich sehr lange in Gebrauch, gar nicht so leicht zu finden. Es mag damit zu tun haben, das die Stempel meist als Ankunftsstempel angebracht wurden, seltener als Entwertungsstempel.

Ein, auch optisch schöner Orts-Eilbotenbrief aus Halle mit Entwertungsstempel HALLE (SAALE) / TELEGRAPHENAMT / * a vom 19.10.1930

 

Weitere KOS aus Telegraphenämtern sind mir, wenn auch nur in wenigen Stücken, aus folgenden Orten bekannt:

 

BOCHUM T.A. * a

 

DORTMUND T.A. * *

 

GÖRLITZ / TELEGR. - AMT / * *

 

MAGDEBURG / TELEGRAPHENAMT / * *

 

THORN / TELEGR. AMT

Skalung in Oberschlesien

Aktueller Beitrag vom 11.7.2010

Das Pfarrdorf Skalung, eine kleine Landgemeinde in der Provinz Schlesien mit 277 Einwohnern (stand 1895) lag im Kreis Kreuzburg/Oberschlesien und gehörte dem Regierungsbezirk Oppeln an. 

 

Das Landgut umfasste die Fläche von 890 Hektar die sich in 606 Hektar Ackerfläche, 75 Hektar Wiesenfläche und 209 Hektar Waldgebiet aufteilte. Besitzer war die Adelsfamilie von Prittwitz-Gaffron. Neben der Landwirtschaft gab es auch noch die Rittergutsbrauerei mit Brennerei von Paul von Prittwitz und Gaffron, welche bis ins Jahr 1912 bestand.

 

Postalisch gehörte das Dorf zum Landbestellbezirk der 6 km entfernten Postanstalt von Konstadt, bis im Jahre 1899 in Skalung eine eigene Postagentur eingerichtet wurde. Der derzeit früheste bekannte Stempelabschlag SKALUNG ist aus dem Mai 1900, das späteste derzeit bekannte Verwendungsdatum ist vom 3.10.1928.

Auszug aus der Postleitkarte Nummer 3, Breslau - Oppeln, aus dem Jahre 1900 in der die neue Postagentur Skalung bereits verzeichnet ist. 

 

In der Zeit von 1920-1922 gehörte Skalung zum Abstimmungsgebiet Oberschlesien, auch hier wurde der KOS weiter verwendet, besonders nett auf Paketkarte vom 6.10.1920.

 

Nach ende des 1. Weltkrieges sah der Versailler Vertrag aus dem Jahre 1919 vor, das unter anderem im Grenzgebiet Oberschlesien des Deutschen Reiches, eine Volksabstimmung durchzuführen war welche die Zugehörigkeit des Gebietes, entweder zum Deutschen Reich, oder zu Polen, festlegen sollte.

 

Die Abstimmung erfolgte am 20.3.1921 mit einer Wahlbeteiligung von 98%. In664 Gemeinden stimmte man für eine Zugehörigkeit zum Deutschen Reich, in597 Gemeinden stimmte man für die Zugehörigkeit zu Polen. Da der Versailler Vertrag die Möglichkeit einer Aufteilung eines Gebietes vorsah, entschied am20.10.1921 die Botschafterkonferenz in Paris, dass Oberschlesien Anteilmäßig dem Wahlergebnis zwischen dem Deutschen Reich und Polen aufgeteilt wird.

 

Skalung entschied sich für die Zugehörigkeit zum Deutschen Reich, somit wurde auch der KOS weiter verwendet.

 

Rodalben-Bermeringen

Aktueller Beitrag vom 6.6.2010

Rodalben, ein kleines Dörfchen in Lothringen, an der Quelle des kleinen Flusses Albe, im Kanton Albesdorf gelegen mit gerade einmal 380 Einwohnern (stand 1895).

 

1871 wurde die Gemeinden wegen Gebietsveränderungen durch den Verlauf des Deutsch-Französischen Krieges (1870-71) in das neu geschaffene Reichsland  Elsaß-Lothringen des Deutschen Reiches eingegliedert.

 

Eine Postagentur erhielt das Dorf dann im Jahre 1888, allerdings erfolgte bereits 4 Jahre später, 1892 eine Ortsnamensänderung in BERMERINGEN. 

Der KOS ist mir in all den Jahren die ich mich mit diesen Stempeln befasse nur 2 mal vorgelegt worden, hier das aktuelle Frühdatum auf Briefstück vom 31.12.1888 das aus der Stempelsammlung von Gotwin Zenker stammt......................

...... und dieser Postkarte vom 25.3.1890 die derzeit auch das späteste Verwendungsdatum darstellt. 

 

Werk Neckarzimmern

Aktueller Beitrag vom 2.5.2010

Diesen Artikel habe ich bereits in den Rundbriefen der Arge K&A (2005) und Infla Berlin (2008) veröffentlicht, will ihn aber auch Sammlern zur Verfügung stellen die diesen Vereinen nicht angehören.

 

Einige kleine Änderungen, viel neues kam nicht hinzu, sind dennoch enthalten. Ist etwas länger als üblich, aber ich glaube das lesen lohnt sich, viel Spaß.

 

Die vergessene oder auch unbekannte Postagentur

"Werk Neckarzimmern"

 

Im Herbst 2004 erhielt ich eine E-Mail mit einigen Bildern von losen Marken mit Gruppe V-Stempeln von Verbandsprüfer Dieter Weinbuch, mit dem Hinweis, „vielleicht ist etwas neues dabei?“.

 

Ich verglich die Stempel und bei einem Stück wurde ich stutzig.

Ein Teilabschlag mit der Ortsbezeichnung WERK, im Zusatz war lediglich ......KARZIMMERN zu erkennen.

 

Es begann die Suche in diversen Ortsverzeichnissen verschiedener Jahr­gänge, nach einem Ort der sich Werk nannte. Die Suche verlief ergebnislos, es war kein passender Ort zu finden. Beim Stempelzusatz ....KARZIMMERN lag die Vermutung nahe, dass es sich um den kleinen Ort Neckarzimmern im badischen Odenwald handeln müsste, was mir anfangs aber auch nicht viel weiterhalf. Der Ort hatte eine Postagentur, aber von einem Werk war nirgends etwas vermerkt.

Als nächstes nahm ich mir eine Postleitkarte der Region Karlsruhe, aus dem Jahre 1920, zur Hand. In diesen Karten ist jede Art von Poststelle eingezeichnet, aber auch hier war die Suche vergebens, was ich gar nicht glauben konnte und wollte.

Ich erhielt einen Hinweis auf eine Internetseite des Odenwälder Heimatvereins. Dort stand auf dem Programm ein Vortrag über das Werk der BASF (Badische Anilin- und Sodafabrik) in Neckarzimmern. Das musste es sein freute ich mich!

Den Vortrag hielt ein ehemaliger Mitarbeiter der BASF der sich mit der Geschichte des Werkes ausgiebig befasst hatte. Kurzerhand habe ich mir dessen Telefonnummer besorgt und wir führten ein sehr ergiebiges Gespräch. Als ich ihm meine Frage nach dem Poststempel stellte sagte er, das wäre nicht sein Gebiet. Diese Informationen hätte er von einem ehemaligen Postbeamten der auch philatelistische Heimatforschung betreibe und publiziere. Ich erhielt die Adresse von Herrn Biedert und es entstand ein Kontakt der meinen Wissensdurst stillen sollte und mir viel Freude bereitete.

Herr Biedert überlies mir auch den einzigen ihm bekannten Beleg mit dem kpl. Stempelabschlag WERK / NECKARZIMMERN, ein traumhafter Stempelabschlag.

Aber wie, oder warum, kam es zu dieser Postagentur und warum kannte sie niemand?

In den Aktenbeständen der OPD Karlsruhe findet sich auch die Akte der Postagentur Neckarzimmern, wo schon im August 1915 an die Oberpostdirektion berichtet wurde, dass der Postagent Wisswässer nicht mehr, wie bisher, das Postzimmer zugleich als Wohnzimmer nutzen konnte, weil sich „seit Februar dieses Jahres der Postbetrieb hier noch bedeutend und zwar dauernd vermehrt hat. Durch das größere Unternehmen der Badischen Anilin- und Sodafabrik Ludwigshafen, so dass jetzt ein besonderes Postzimmer unbedingt erforderlich ist.“

Schon Anfang des zweiten Kriegsjahres hatte also die BASF in Neckarzimmern 
die Rohstoffgewinnung aus den dortigen Gipsgruben ausgeweitet. Die Produktionsstätten wurden im Verlaufe des Krieges immer weiter ausgebaut, die Zahl der Beschäftigten ständig erhöht. Der geschäftliche und private Postverkehr der Fabrik und deren Arbeiter nahm im Laufe der Zeit einen solchen Umfang an, dass am 1. Februar 1917 Hauptlehrer Weber, Schwiegersohn des Postagenten Wisswässer, an die OPD berichten musste:

„Seit 47 Jahren verwaltet der Postagent Wisswässer mit Hilfe seiner Angehörigen die hiesige Postagentur. Derselbe ist nun infolge seines hohen Alters von über 80 Jahren und seines Augenleidens seit 3 Jahren vollständig dienstunfähig. Seine an Hauptlehrer Weber hier verheiratete Tochter Rosine hat seit bald 3 Jahren die Geschäfte der Postagentur allein versehen. Seit 3 Monaten haben die Dienstgeschäfte daselbst derartig zugenommen, dass sie die Arbeitskraft einer Person weit übersteigen. Durch Überanstrengung im Dienst ist nun dieselbe nicht mehr fähig, die Postagentur weiterzuversehen.....“

Frau Weber erkrankte einen Tag später und verstarb bald darauf, wobei offen bleibt, ob die Überanstrengung die Hauptursache gewesen ist. In der Folge wurde die Postagentur dem Bäcker, Kolonialwarenhändler und Gemeinderat Friedrich Scheeder übertragen.

Auch der Postbestelldienst uferte durch die Werkserweiterung aus, sodass zwei Wochen später das zuständige Postamt Neckarelz nach Karlsruhe berichten musste:

„Durch Gründung einer großen Fabrik in Neckarzimmern durch die BASF Ludwigshafen hat der Paketverkehr daselbst einen solchen Aufschwung erlitten, dass es dem Landbriefträger Rundler mit dem besten Willen nicht mehr möglich ist, diesem gerecht zu werden bzw. den Bestelldienst allein zu bewältigen..... Es sind zur Zeit ungefähr 1500 Arbeiter (gefangene Franzosen, Belgier und Russen) beschäftigt, die diese Pakete erhalten.“

Um diese Zeit dehnten sich die Produktionsanlagen und die Wohneinrichtungen für Arbeiter, Gefangene und Wachmannschaften, weil wegen der topografischen Verhältnisse in Neckarzimmern das notwendige Gelände fehlte, auf das gegenüberliegende Neckarufer aus. Sofort erhöhte sich daraufhin, wie die Postakte von Hassmersheim aufzeigt, bei der dortigen Postagentur der Post- und Telegraphenverkehr explosionsartig.

Der Neckarelzer Postmeister Hügel signalisierte daraufhin nach Karlsruhe:

„Durch Gründung einer großen Fabrikanlage in Hassmersheim, bedeutend größer, wie eine solche in Neckarzimmern errichtet wurde (die Baukosten sollen sich auf 30 Millionen Mark belaufen), durch die BASF hat der gesamte Postverkehr, namentlich der Paketverkehr, einen solchen Aufschwung genommen, dass der Landbriefträger den Verkehr dieser Fabrik nicht mehr weiter mitversehen kann, wie dies bis jetzt versuchsweise geschehen ist. Denn schon seit Anfang März (1917) hat derselbe seine Familienangehörigen bei jeder Bestellung mitverwenden müssen, um dem Bestelldienste nur einigermaßen gerecht zu werden.“

Daneben musste ein zusätzlicher Postaushelfer zum Abholen der Pakete am Bahnhof eingestellt werden. Doch bald waren zwei, oft sogar drei Leute notwendig, um die vielen Pakete, die zum größten Teil für gefangene Belgier (Zivilgefangene) bestimmt waren, vom Bahnhof über die Fähre nach Hassmersheim zu verbringen. Schließlich musste Postagent Staubitz seinen Pritschenwagen und seine Kühe als Transportmittel verwenden und zur Unterbringung der Pakete, die im Dienstzimmer der Agentur nicht untergebracht werden konnten, seine verschließbare Scheuer zur Verfügung stellen. Daneben musste die Tochter des Postagenten von morgens früh bis abends spät im Post- und Telegraphendienst mit ihrem Vater tätig sein, um den außergewöhnlichen Verkehrsanfall bewältigen zu können.

Diese Brandberichte nach Karlsruhe veranlassten die Oberpostdirektion, erstmals im März 1917, einen Aufsichtsbeamten, Oberinspektor Goll, vor Ort zu entsenden, um sich ein Bild der Lage und Vorschläge für notwendige Maßnahmen machen zu lassen. Aus dessen Bericht erfahren wir auch einiges über die Fabrikanlage und deren Betrieb. Nach dem Ergebnis der Rücksprache mit dem Werksleiter der BASF-Fabrik auf der Gemarkung Hassmersheim, Oberingenieur  Göbel, befasste sich das Werk mit der Bearbeitung der aus den in der Nähe gelegenen Gipssteinbrüchen gewonnenen Rohstoffe. Der Umfang sollte sich im Friedensbetrieb in verhältnismäßig engen Grenzen bewegen und nur etwa 50 Beamte und Arbeiter beschäftigen. Doch während des Krieges und den Auswirkungen des Schiffraummangels auch in der anschließenden Zeit, wird das Werk zur Ausbeutung des Gipssteins zur Schwefelgewinnung in erweitertem Umfange betrieben. Man rechnet für diese Zeit mit einer Beschäftigung von etwa 33 Mann, so lange, bis die Schwefelzufuhr aus dem Ausland die Eigenherstellung nicht mehr gewinnbringend macht.

Hauptzweck war also, den infolge der Seeblockade fehlenden, zur Schießpulverherstellung so kriegswichtigen Schwefel, auch unter Inkaufnahme unwirtschaftlicher Produktionsweise, zu gewinnen.

Die große Zahl von Arbeitern war nur vorübergehend vor Ort, denn zur Zeit werden zu den nötigen Geländeverschiebungen, Gleisanlagen, Errichtung der Fabrikgebäude, Erstellung einer eigenen Eisenbahnbrücke über den Neckar zum Bahnhof Neckarzimmern usw. 2500 Arbeiter beschäftigt, die zum größten Teil in dem in unmittelbarer Nähe des Ortes Hassmersheim errichteten umfangreichen Barackenlager untergebracht sind. Darunter befinden sich etwa 200 Kriegsgefangene und 300 Belgier mit den nötigen Wachkommandos. Die Bauarbeiten sollen bis zum Herbst 1917 beendet und von da ab der Kriegsbetrieb des Werks mit 300 Mann begonnen werden.

Weil sich der Postverkehr dann wieder normalisieren werde, wollte der Oberinspektor von der Einrichtung eines größeren Postamts in Neckarzimmern oder Hassmersheim absehen. Durch Einstellung zusätzlicher Aushilfskräfte könne bis dahin der Verkehr bewältigt werden.

Ansichtskarte von Neckarzimmern, mit dem Werk der BASF, im Hintergrund die Burg Hornberg.

 

Doch offensichtlich machten der fortdauernde Krieg und die Folgen der Handelsblockade die Prognose des Aufsichtsbeamten zunichte. Denn ein knappes Jahr später, im Februar 1918 musste er doch die Frage prüfen, ob nicht in Hassmersheim ein Postamt zu errichten wäre. Um den Interessen der Gemeinde Hassmersheim und des Werkes Neckarzimmern in gleicher Weise gerecht zu werden, müsste das Postamt am Nordausgang von Hassmersheim, unter Umständen auf dem anschließenden Grund und Boden des Werkes errichtet werden. 

Die Einrichtung eines Postamts scheiterte vorläufig an der Raumfrage. Allerdings wurde dem Aufsichtsbeamten von Seiten der BASF versichert, die Direktion wäre nicht abgeneigt, später eventuell ein Mietpostgebäude zu errichten.

So wurde am 25. Juni 1918 im Amtsblatt Nr. 40 des Reichspostamtesbekannt gegeben, Eröffnung einer Postagentur im Werk Neckarzimmern. Aus einem Schreiben des Postamts Neckarelz vom 2. 7. 1918 an die OPD Karlsruhe geht hervor:

„Der Aushelfer von Hassmersheim ist daselbst nicht mehr nötig und wurde derselbe nunmehr bei der neuen Postagentur Werk Neckarzimmern eingestellt vom 1. Juli 1918 ab. Vom 15. Juni 1918, dem Eröffnungstag der neuen Postagentur an,wurde der Bestelldienst noch von Hassmersheim aus besorgt.“

So wurden ab dem 1. Juli von dem Posthelfer werktäglich 2 Bestellgänge ausgeführt. Es ist anzunehmen, dass die Postagentur sich auf Hassmersheimer Gemarkung, wohl in einem Gebäude des Barackenlagers, befunden hat.

Dass die Reichspost bei Einsparungen etwas schneller reagierte als beim Einrichten von nötigen Postagenturen, das zeigt ein Schreiben der OPD Karlsruhe vom 15. 7. 1918 an das zuständige Postamt in Neckarelz:

„Da sich die Postdienstgeschäfte bei der Agentur Hassmersheim infolge der Einrichtung der Postagentur Werk Neckarzimmern um etwas ein drittel vermindert haben, kann der Aushelferin Johanna Staubitz der bisherige Tagelohn von 3 Mark nicht weiter gewährt werden. Der Tagelohn der Aushelferin wird vom 15. Juli 1918 ab auf 2,50 Mark festgesetzt. Im Falle der Einrichtung des Telegraphenbetriebs im Werk Neckarzimmern wird geprüft werden, ob weitere Herabsetzung des Tagelohns der Aushelferin angängig ist.“
 
Mit Einstellung der Produktion zu Kriegsende wurde diese Postagentur, bereits wenige Monate nach deren Eröffnung, wieder geschlossen. Die Bekanntgabe der Schließung erfolgte am 30. Dezember 1918 im Amtsblatt Nr. 90 des Reichspostamtes. 

Somit existierte diese Postagentur gerade einmal etwas mehr als 6 Monate, was auch erklärt, warum dieser Stempel für viele bisher unbekannt war. 

Ich bedanke mich ganz herzlich bei Herrn Manfred Biedert, der mir seine Unterlagen großzügig zur Verfügung gestellt und einer Verwendung für diesen Beitrag uneingeschränkt zugestimmt hat.

Ich schließe diesen Beitrag mit einem bekannten Spruch aus der Philatelie, den ich mir erlaube zu ergänzen:

Marken flüstern, Briefe erzählen

aber aus einem einzigen Stempel kann man einen Artikel verfassen!

 

Seit erscheinen des Artikels im Jahre 2005 sind mir bis heute lediglich 2 weitere Postkarten und eine Briefvorderseite mit Entwertung Werk Neckarzimmern bekannt geworden!

Groß Hansdorf

Aktueller Beitrag vom 4.4.2010

Auf Grund der Hamburger-Landgemeinde-Ordnung aus dem Jahre 1871 wurden im Jahre 1872 die Gemeinden Großhansdorf und Schmalenbeck zu einer Gemeinde die den Namen Groß-Hansdorf-Schmalenbeck erhielt vereint. 

 

Das Dorf mit seinen 235 Einwohnern (stand 1895) gehörte dem Bundesstaat Hamburg an und wurde von der Landherrenschaft der Geestlande, eine der 4 Landherrenschaften welche im Jahre 1874 vom Land Hamburg gebildet wurden, verwaltet.

 

Bis zum Groß-Hamburger-Gesetz von 1937 bildeten die Ortsteile Groß-Hansdorf und Schmalenbeck eine Gemeinde im Nordosten Hamburgs, die mit anderen als Exklave zum hamburgerischen Staat gehörte, den sogenannten Walddörfern. Nach Inkrafttreten des Gesetzes von 1937 gingen die beiden Ortsteile in den Landkreis Stormarn auf das Land Preussen, später Schleswig Holstein, über.

Postkarte von Groß-Hansdorf nach Hamburg vom 19.10.1921

 

Groß-Hansdorf gehörte zum Landbestellbezirk des Postamtes II. Klasse Ahrensburg, erst sehr spät, im Jahre 1909 erhielt der Ort eine eigene Postagentur. Der verwendete KOS ist einer der wenigen, bei denen der komplette Ortsname in Kleinbuchstaben gehalten ist. Registriert ist der Stempel ab dem 4.9.1909, das letzte mir derzeit bekannte Verwendungsdatum ist der 19.10.1921.

Wesseling am Rhein

Aktueller Beitrag vom 27.2.2010

das Dorf mit seinen gut 1800 Einwohnern (stand 1895) liegt auf der linken Rheinseite, gehörte zum Landkreis Bonn und wurde vom Regierungsbezirk Köln verwaltet. In der Gemeinde gab es diverse kleinere Fabriken welche Goldleisten, Tabak, Papier verarbeiteten. Daneben waren im Ort Gerbereien, Tischlereien und Mühlen vorhanden.

 

1877 wurde eine Freiwillige Feuerwehr gegründet und im Jahre 1880 hielt die Industrialisierung einzug, es wurde die Chemische Fabrik Zimmermann, welche sich heute Degussa nennt, im Ort angesiedelt.

1901 eröffnete die Rheinwerft Wesseling, wie auch die Strecke der Schmalspurbahn Vochem-Wesseling. Diese Linie soll hauptsächlich dem Transport von Braunkohle, Briketts, Ziegeln, Zuckerrüben und sonstigen landwirtschaftlichen Produkten vom Vorgebirge zum Rhein dienen.

 

Im Jahre 1904 begann der Bau der Rheinuferbahn, einer Hauptbahn die Köln und Bonn verbinden sollte, mit einem Haltepunkt in Wesseling. Die Eröffnung fand im September 1905 statt und nun war auch der Personenverkehr gut versorgt.

Postauftrag von Wesseling nach Straßburg vom 16.6.1894, Absender war J.W. Schmitt St. Josephs-Werk bei Wesseling am Rhein.

 

Postalisch war die Gemeinde schon recht früh mit diversen Postexpeditionen verschiedener Größen ausgestatten, ab dem Jahre 1876 war im Ort eine Postanstalt III. Klasse vorhanden. Verwunderlich ist, das trotz der recht früh vorhandenen Postanstalt, der KOS WESSELING derzeit lediglich von 1893 bis 1900 bekannt ist!

Kaltenkirchen in Holstein

Aktueller Beitrag vom 24.1.2010

das Pfarrdorf mit seinen knapp 1000 Einwohnern (stand 1895) liegt im äußersten Süden von Schleswig Holstein, im Kreis Segeberg, ca. 30 km nördlich von Hamburg, der Ort war Endpunkt der Eisenbahnlinie Altona - Kaltenkirchen.

 

Postalisch wurde der Ort ab dem Jahre 1850 als Landpostort vom Postamt Bramstedt versorgt, bis im Jahre 1866 eine Postexpedition II. Klasse in Kaltenkirchen entstand, die im Jahre 1876 in ein Postamt III. Klasse gewandelt wurde.

 

Der KOS ist derzeit bekannt ab dem 27.6.1889, das späteste bekannte Datum ist der 5.4.1910

Zum Landbestellbezirk von Kaltenkirchen gehörte unter anderem der Flecken Hüttblek, der mit seinen 170 Einwohnern keine eigene Poststelle hatte.  

Postkarte in den Landbestellbezik, von Kaltenkirchen nach Hüttblek vom 23.6.1902

Ansichtskarte Gruss aus Hüttbleck, mit typischem Reetdachhaus und Dorfansicht, am 11.4.1900 nach Hamburg gelaufen.